Weinland Chile

Das Bordeaux Südamerikas

In weni­gen Anbau­län­dern der Welt fin­det der Wein­bau so gute Vor­aus­set­zun­gen wie in Chi­le. Das Kli­ma ist gleich­mä­ßig tro­cken und warm, Reb­krank­hei­ten tre­ten nur ver­ein­zelt auf und gespritzt wer­den muß nur sel­ten. Auch las­sen sich die Wein­ber­ge fast über­all mecha­nisch bear­bei­ten. Die Wein­in­dus­trie ist begeis­tert. Mitt­ler­wei­le kom­men aber nicht nur Indus­trie­wei­ne, son­dern auch eini­ge hoch­klas­si­ge Lagen­wei­ne aus Chile.

Chi­le hat sich seit 1990 zu einem der bedeu­tends­ten Anbau­län­der der Welt ent­wi­ckelt – in quan­ti­ta­ti­ver wie in qua­li­ta­ti­ver Hin­sicht. Reb­land ist genü­gend vor­han­den und die Kos­ten der Wein­erzeu­gung sind gering. In der Ver­gan­gen­heit ist Chi­le vor allem als Pro­du­zent preis­wer­ter Reb­sor­ten­wei­ne in Erschei­nung getre­ten. Doch das Poten­ti­al des Lan­des ist damit nicht aus­ge­schöpft. Mit sei­nen ers­ten Super-Premium-Weinen zeigt Chi­le, daß es auch in der inter­na­tio­na­len Weinsze­ne oben mit­spie­len will. Auf­fäl­lig ist dabei, daß die Ent­wick­lung – anders als in Euro­pa – vor allem von gro­ßen Wein­kel­le­rei­en aus­geht und nicht von klei­nen Wein­gü­tern. Eine chi­le­ni­sche Beson­der­heit ist der gro­ße Anteil noch unver­edel­ter Reben. Bis heu­te ist die Reb­laus nicht in den Anden­staat vor­ge­drun­gen – oder nicht als Schäd­ling in Erschei­nung getre­ten. Neue Reben wer­den vor­sichts­hal­ber jedoch meist auf reb­laus­re­sis­ten­te Unter­lags­re­ben gepfropft.

Wechselvolle Geschichte

Chi­le ist das ältes­te Wein­land auf der süd­li­chen Erd­halb­ku­gel. Schon Mit­te des 16. Jahr­hun­derts setz­ten die Spa­ni­er Reben in die Erde, die sie aus ihrer Hei­mat mit­ge­bracht hat­ten. 1851 wur­den die ers­ten Cabernet-Sauvignon-Reben aus­ge­pflanzt. 20 Jah­re spä­ter began­nen die Wein­ex­por­te in das reb­laus­ge­schä­dig­te Euro­pa. Erst die Pro­hi­bi­ti­on brems­te das Wachs­tum (1938). Der end­gül­ti­ge Nie­der­gang der chi­le­ni­schen Wein­wirt­schaft begann mit den Land­re­for­men der christ­de­mo­kra­ti­schen Regie­rung (1965) und spä­ter mit den Ent­eig­nun­gen durch die sozia­lis­ti­sche Regie­rung von Sal­va­dor Allen­de (1980). 1982 brach der Wein­markt zusam­men. Nach­dem die Reb­flä­che auf die Hälf­te (50 000 Hekt­ar) geschrumpft war, begann drei Jah­re spä­ter der Neu­an­fang. Mit Hil­fe von ame­ri­ka­ni­schen und fran­zö­si­schen Inves­to­ren wur­den neue Wein­ber­ge ange­legt und moder­ne Kel­ler­tech­nik instal­liert. Die Tem­pe­ra­tur­kon­trol­le wäh­rend der Gärung eröff­ne­te die Mög­lich­keit, auch in warm­hei­ßen Anbau­ge­bie­ten fri­sche, frucht­be­ton­te Rot- und Weiß­wei­ne zu erzeu­gen. In den 1990er Jah­ren erleb­te die chi­le­ni­sche Wein­in­dus­trie einen rasan­ten Auf­stieg. Die Reb­flä­che wuchs auf über 100 000 Hekt­ar. Die Pro­duk­ti­ons­men­ge nahm um 70, der Export um 300 Pro­zent zu. Und das Wachs­tum geht wei­ter. Vor allem in den Regio­nen im küh­len Süden, aber auch im Colchagua Val­ley wur­den im gro­ßen Stil neue Reb­flä­chen angelegt.

Böden und Klima

 

Die Böden bestehen zumeist aus Anden­schutt, der von den Flüs­sen zu Tal geschwemmt wur­de. Sie sind mine­ral­reich und tro­cken. Auch das Kli­ma hält kaum Nie­der­schlä­ge bereit, die zum größ­ten Teil wäh­rend des Win­ters fal­len. Das Val­le Cen­tral, in dem 90 Pro­zent der Reb­flä­chen lie­gen, ist prak­tisch eine Tro­ckenstep­pe, in der Wein­bau nur durch künst­li­che Bewäs­se­rung mög­lich ist. Es reicht von der Haupt­stadt Sant­ia­go bis zur Stadt Chil­lán 400 Kilo­me­ter wei­ter süd­lich und besteht aus den vier Sub­re­gio­nen Mai­po, Rapel, Curicó und Mau­le. Jede die­ser Regio­nen ist wie­der in meh­re­re Zonen und die­se in Lagen unter­teilt. Im Gegen­satz zu ande­ren Län­dern der Neu­en Welt besitzt Chi­le also ein prä­zi­ses Sys­tem der Her­kunfts­be­zeich­nun­gen. Das Val­le Cen­tral liegt ein­ge­bet­tet zwi­schen den Küs­ten­kor­dil­le­ren und den Anden. Die Grund­tem­pe­ra­tu­ren sind gleich­mä­ßig warm. Nur an weni­gen Stel­len, an denen Fluß­tä­ler sich durch die Küs­ten­kor­dil­le­ren schnei­den, drin­gen küh­le pazi­fi­sche Win­de bis ins Lan­des­in­ne­re. Sie sor­gen dafür, daß die Tem­pe­ra­tu­ren nachts sin­ken: eine will­kom­me­ne Abküh­lung, denn so behal­ten die Trau­ben ihre Fri­sche. An beson­ders küh­len Stel­len kön­nen sogar wei­ße Sor­ten ange­baut werden.

Die roten Rebsorten

Der weit­aus größ­te Teil der Reb­flä­chen ist jedoch mit roten Trau­ben bestockt. Caber­net Sau­vi­gnon ist die mit Abstand wich­tigs­te Reb­sor­te, die vor allem in den hoch­ge­le­ge­nen und küh­len Lagen voll­mun­di­ge, tan­nin­be­ton­te Rot­wei­ne ergibt, deren Aro­ma an Schwar­ze Johan­nis­bee­ren, Euka­lyp­tus und Zedern­holz erin­nert. Rein­sor­ti­ge Mer­lot­wei­ne errei­chen nie deren Fein­heit und Üppig­keit. Stark im Vor­marsch ist die Car­menè­re, die schon Mit­te des 19. Jahr­hun­derts nach Chi­le kam und in dem war­men Kli­ma wesent­lich bes­se­re Qua­li­tä­ten lie­fert als in Bor­deaux, wo die Sor­te nicht immer aus­reift und daher schon seit 1900 kon­ti­nu­ier­lich an Boden ver­lo­ren hat. Bis in die 1990er Jah­re hin­ein wur­de Car­menè­re in Chi­le mit der Mer­lot ver­wech­selt. Erst danach ist sie als eigen­stän­di­ge Sor­te aner­kannt wor­den. In ihren bes­ten Qua­li­tä­ten ergibt sie schwe­re, sel­ten unter 14,5 Vol. % auf­wei­sen­de, nach Leder und Bee­ren­kon­fi­tü­re duf­ten­de Wei­ne, die meist ver­schnit­ten, aber gele­gent­lich auch rein­sor­tig gekel­tert wer­den. Eben­falls stark im Kom­men ist die Syrah, die in dem war­men Kli­ma und auf den tro­cke­nen Böden begeis­tern­de Wei­ne lie­fern kann.

Die weißen Rebsorten

Die klas­si­schen Weiß­wein­sor­ten sind in Chi­le Char­don­nay und Sau­vi­gnon Blanc. Mit ihnen sind rund 90 Pro­zent aller Wein­ber­ge bestockt (jedoch ver­birgt sich hin­ter eini­gen ver­meint­li­chen Sauvignon-Blanc-Weinbergen in Wirk­lich­keit die Sau­vi­gno­nas­se oder Sau­vi­gnon Vert; das heißt: In vie­len Altanla­gen steht in Wirk­lich­keit der Tocai Friu­la­no). Die wich­tigs­te Weiß­wein­zo­ne ist Casa­blan­ca, das Gebiet zwi­schen Val­pa­rai­so und Sant­ia­go. In jüngs­ter Zeit wird aber auch etwas wei­ter süd­lich bei San Anto­nio Weiß­wein erzeugt. Außer­dem erwei­sen sich die küh­le­ren süd­li­chen Anbau­ge­bie­te des Lan­des um Mau­le als gute Weiß­wein­zo­nen. Kli­ma­tisch ist der Hum­boldt­strom von größ­ter Bedeu­tung, der vor der Pazi­fik­küs­te nach Nor­den fließt und kal­te Luft­strö­mun­gen ins Lan­des­in­ne­re drückt.

Das Weinland Chile in Zahlen

Reb­flä­che: ca. 120 000 Hektar
Wein­pro­duk­ti­on: ca. 6 bis 8 Mil­lio­nen Hektoliter
Jähr­li­cher Wein­kon­sum pro Kopf: 12 Liter

Die 10 häu­figs­ten Rebsorten
Cab. Sau­vi­gnonrot39,4 %
Mer­lotrot15,2 %
Paísrot12,8 %
Char­don­nayweiß8,6 %
Sau­vig. Blancweiß7,3 %
Car­menè­rerot6,5 %
Syrahrot4,4 %
Sémil­lonweiß1,9 %
Pinot Noirrot1,5 %
Mal­becrot0,7 %

Das chilenische Weinrecht

Ein Wein­ge­setz hat sich Chi­le erst 1985 gege­ben. Es legt die Her­kunfts­ge­bie­te fest und defi­niert die zur Qua­li­täts­wein­pro­duk­ti­on zuge­las­se­nen Sor­ten: ins­ge­samt 23 (die País, eine der am häu­figs­ten ange­bau­ten Reben, gehört nicht dazu). Die Wei­ne tra­gen in Chi­le fast immer den Namen einer Reb­sor­te auf dem Eti­kett. Die­se Reb­sor­te muß zu min­des­tens 75 Pro­zent im Wein ent­hal­ten sein. Das gilt auch für Her­kunft und Jahr­gang. Maxi­mal 25 Pro­zent dür­fen aus einem ande­ren Jahr­gang bezie­hungs­wei­se aus einem ande­ren Her­kunfts­ge­biet stam­men. Die Chap­ta­li­sie­rung ist in Chi­le nicht erlaubt, wohl aber die Azi­di­fi­ka­ti­on. Eine Begren­zung der Trau­ben­pro­duk­ti­on ist nicht vor­ge­schrie­ben. Der Durch­schnitt liegt beim Qua­li­täts­wein bei etwa 90 Dop­pel­zent­ner pro Hektar.